Mittwoch, 23. Oktober 2013

Rezension "Ready Player One"

Ready Player One

von Ernest Cline

Verlag: Penhaligon (März 2012)
Seiten: 512 (Gebundene Ausgabe)
Sprache: Deutsch
Preis: 19,99€


Kauf mich auf Amazon!
Oder von der Verlagsseite!



 

 

Klappentext:

Wer online stirbt, ist wirklich tot!
Im Jahr 2044 hat die reale Welt für Wade Watts nicht mehr viel zu bieten. Daher flieht er - wie die meisten Menschen - in das virtuelle Utopia von OASIS. Hier kann man leben, spielen und sich verlieben, ohne von der bedrückenden Realität abgelenkt zu werden. Da entdeckt Wade in einem Online-Game den ersten Hinweis auf einen unsagbar wertvollen Schatz, den der verstorbene Schöpfer von OASIS in seiner Cyber-Welt versteckt hat. Plötzlich ist Wade eine Berühmtheit, aber er gerät auch in das Visier eines Killerkommandos - in OASIS und in der Realität. Wade weiß, dass er diese mörderische Hetzjagd nur überleben kann, wenn er das Spiel bis zu seinem ungewissen Ende spielt!
(Rechte an Bild und Inhalt: Penhaligon-Verlag)

Die Geschichte:

Wie der Klappentext verrät, handelt es sich bei "Ready Player One" um eine Utopie - zumindest scheint es so für den Augenblick. Doch wie schon angedeutet wird, stellt sich später heraus, dass es sich um eine schmale Gratwanderung zwischen Utopie und Dystopie handelt. Die Welt in 30 Jahren: die fossilen Brennstoffe sind so gut wie aufgebraucht, die Welt steckt in einer schweren Energiekriese. Durch Fortschritt sind viele Leute arbeitslos, die Bevölkerung sammelt sich in sogenannten Stacks um die Großstädte. Viele überleben nur dank den von der Regierung verteilten Essensgutscheinen in diesen Siedlungen aus aufeinandergestapelten (daher der Name) Wohnwagen und Containern. Doch dieser Welt aus Armut und Elend wurde Abhilfe geschaffen: der geniale Spieleentwickler James Halliday, der durch seine genialen Spiele- und Technologiekonzepte zum Multimilliardär wurde, erschuf eine perfekte zweite Welt. Ein gigantisches Computerspiel, in das sich jeder Mensch einloggen und in der absolut realitätsechten Welt mit einer speziellen Videobrille und sogenannter haptischer Ausrüstung, die Bewegungen des Körpers direkt ins Spiel überträgt, ein zweites Leben aufbauen kann. Die OASIS. Schon bald entflieht der Großteil der Menschheit in die Oasis, es werden Jobs, beispielsweise in Kundenzentren, in der virtuellen Welt geschaffen, große Marken erstellen Läden, in denen man mit echtem Geld Kleidung für den Spielecharakter kaufen kann und selbst die Regierung stellt sich dem schon bald nicht mehr entgegen: durch die enormen Ballungszentren sind Schulbesuche der Kinder kaum noch möglich und so wird jedem Schüler ermöglicht, eine virtuelle Schule zu besuchen. Dort müssen sich die Schüler zu festen Zeiten einloggen und anwesend sein, während die Lehrer ebenso an einem völlig anderem Ort vor ihrer Konsole sitzen und den Unterricht führen. Doch die Oasis hat weit mehr zu bieten als die Nachbildung einer perfekten Welt. Neben den erwähnten Jobmöglichkeiten, die viele in der echten Welt nie bekommen, gibt es eine Unmenge an verschiedensten Planeten zu erforschen. Von Steinzeitwelten bis hin zu futuristischen Roboterplaneten oder Welten voller Einhörner, Oger, Drachen und allen vorstellbaren Fantasy-Figuren. Wie in gegenwärtigen Online-Spielen kann sich jeder (jeder Mensch hat übrigens genau einen Charakter, bleibt aber dennoch in der realen Welt anonym) Aufgaben und Abenteuer (Quests) bestreiten und sich damit Geld oder Gegenstände (Items), wie Laserschwerter, verzauberte Diamantrüstungen und alles was auch nur im entferntesten vorstellbar ist, verdienen. Um es kurz zu fassen (ich hab das Gefühl dieser Zug ist schon lange abgefahren): Die Oasis ist eine zweite Welt, in der man die Realität vergisst, seinem Job nachgeht, und jeder Erdenklichen Art von Wesen oder Parallelwelt, Gegenstand oder Fähigkeit nachjagen kann. Ich könnte so noch eine Weile weiter machen, aber sagen wir einfach: in der Oasis ist (fast) alles möglich was sich Menschen vorstellen können. 

Zu Beginn des Buches stirbt James Halliday. Das milliardenschwere Genie, das nie aus seiner Kindheitszeit (den 80ern mit allen Filmen, Musik und Spielen) herausgewachsen ist, hatte jedoch in der realen Welt keine engen Freunde oder Verwandte. Und weil er mit Herz und Seele Spiele liebt, hat er selbst aus seinem Erbe eines gemacht: er selbst hat in der Oasis ein Geheimnis (ein sogananntes Easteregg) versteckt und der Spieler, der es zuerst findet, erbt die gesamte Summe. Im Gegenzug dafür verlangt er "nur" eines: um die Rätsel auf dem Weg zu lösen, muss die betreffende Person einfach alles in Erfahrung bringen, was Halliday je wichtig war - er muss die 80er leben. Von jedem Film - Wort für Wort - bis hin zu allen Songs mit Texten, jedes Computerspiel und jedes Fantasy-Brettspiel das es damals gab. Vor seinem Tod zeichnete Halliday dafür ein Video mit versteckten Hinweisen auf, das am Tag seines Todes an jeden Menschen in der Oasis verschickt wurde und so begann die Jagt nach Hallidays Easteregg - einem Vermögen. Die ganze Welt stürzte sich noch tiefer in das Spiel und begann, wie es Hallidays Wunsch war, die 80er wieder ins Leben zu rufen. Doch ganze fünf Jahre lang geschah nichts, keinem Einzigen gelang es, das erste Rätsel auf dem Weg zu lösen und so wurden die Jäger immer weniger. Doch schließlich gelingt es Wade, der sich im Spiel Parzival nennt, das erste Rätsel zu lösen und die ganze Welt kann es auf der Bestenliste sehen. Ein armer Junge aus den Stacks wird weltberühmt - zumindest sein Avatar Parzival, da Niemand seine wahre Identität kennt. So denkt er zumindest, denn ein korrupter Mega-Konzern namens IOI - der unzählige Mitarbeiter dafür rekrutiert hat das Easteregg zu finden und somit die Rechte an der Oasis kaufen zu können - spürt seine wahre Identität aus geheimen Schulakten auf und so  gerät Wade in Lebensgefahr: der Konzern geht über Leichen um an das Geld zu kommen.
Um jetzt nicht zu spoilern sei nur soviel gesagt: bei seinen Versuchen die restlichen Rätsel zu lösen, findet Wade einige wenige Freunde (von denen einer sogar dem Konzern IOI zum Opfer fällt) und bis zum Ende vielleicht sogar seine erste große Liebe (für die weiblichen Nerds :D).

Meine Meinung:

Ich weiß garnicht wo ich anfangen soll. Vielleicht gehe ich am besten chronologisch vor: zunächst finde ich den dystopischen Aspekt, der unsere Welt in realer Weise in 30 Jahren wiederspiegelt, sehr ansprechend, da ich ihn für nicht zu weit her geholt (keine Zombie-Apokalypse :D) halte und somit das Buch gleich zu Beginn realistischer wirkt. Ebenso die Technologie, die in der Welt beschrieben wird, ist nicht zu futuristisch (es gibt schon eine Weile simple Video-Brillen und haptische Handschuhe, Strom stammt zum Großteil aus Sonnenkollektoren usw.), aber dennoch fortschrittlich. Dazu kommt noch der geniale Schreibstil. Beispielsweise zu Beginn des Buches, in dem das Video von Halliday detailliert beschrieben wird, finden sich immer wieder Fußnoten als Anmerkungen zu Bands, Spielen und Filmen der 80er im Stile eines Lexikons oder eines Wissenschaftlichen berichtes.
Als nach der Einleitung die ersten Eindrücke von der Oasis beschrieben werden, wird man beinahe selbst in die perfekte zweite Welt gesaugt. Vor allem wenn man, wie ich, viel für gute Spiele übrig hat, schlägt bei der Schilderung der Welt (siehe auch oben :D) das Zocker-Herz höher. Nicht nur die Idee, dass sich mit dem Fortschritt das reale Leben (zum Beispiel Schule) in eine virtuelle Welt verlegt, sondern auch die schlichtweg unendlichen Möglichkeiten der Fantasiewelt und das Equipment, das die ganze Welt nicht nur auf einem Bildschirm abbildet, ziehen den Leser schnell in einen Bann. Als Wade das erste Rätsel löst und somit die Hetzjagt und die weiteren Rätsel beginnen, hat sich der Leser schon längst mit den untypischen Buchcharakteren identifiziert. In der Oasis kann zwar jeder aussehen wie er will (ob nun perfekter Körperbau oder doch ein Zentaurus), jedoch wird in der realen Welt  Wade als dicker, schüchterner Junge in abgetragener Kleidung beschrieben, was eine Art Anti-Helden-Bild aufbaut. Ebenso seine Freunde, die er zunächst allesamt nur aus dem Spiel kennt, überraschen später im Buch sehr mit ihrem reellen Ich. Aber das Buch bietet noch mehr als eine Geschichte aus einem Video-Spiel: als der Kampf um das Easteregg neu entbrannt ist und so noch eine Hetzjagt in der Realität in die Jagt in der Oasis gemischt wird, wird der Leser komplett an die Seiten gefesselt.
Während dem Lesen fiel mir noch etwas anderes auf: ich, der seine frühesten Erinnerungen an die 90er hat, fing langsam aber sicher an, mich für die sehr detaillreich beschriebenen Filme usw. der 80er zu begeistern - Hallidays letzter Wille greift selbst auf den Leser über. Für diejenigen, die die 80er noch selbst miterlebt haben, muss die Geschichte umso genialer sein. Mit welchem Detailreichtum Ernest Cline seine Geschichte erzählt ist einfach unglaublich. Von beinahe unbekannten Filmen mit unbekannten Schauspielern, über noch unbekanntere Animes der damaligen zeit, bis hin zu Bandmitgliedern und Songs: alles wird bis ins letzte - wahrheitsgetreu - dokumentiert. Ganz wie Halliday es von den Jägern verlangt hat, um das Easteregg finden zu können.
Nicht zuletzt möchte ich hier auch die sehr gute Übersetzung von Hannes und Sara Riffel hervorheben: vor allem für Leute wie mich, die sich doch recht intensiv mit Onlinespielen und allerlei Technik-Zeugs auseinander setzen, war die Übersetzung sehr erfrischend. In jedem zweiten Kinofilm, ebenso in vielen Spielen selbst, genauso in einigen Büchern: alles wird streng ins Deutsche übersetzt. Das mag zwar  für manche Leser nett sein, jedoch geht dadurch so viel verloren und sind wir mal ehrlich: inzwischen spricht doch wohl jeder einige Fetzen Englisch und beherrscht zumindest die Phrasen die er im Laufe des Alltags zu hören bekommt. So wurde - zum Glück - aus "Ready Player One" nicht "Bereit Spieler Eins?" und im Text ist nicht ständig die Rede von Ostereiern oder Aufgaben. Das würde einfach den Kontext zerstören, weil niemand der spielt soetwas sagen würde, und so wollte ich noch einmal anmekren, dass die gute Übersetzung das Leseerlebnis enorm verbessert hat. Wer sich jetzt wundert: ja, ich habe oben selbst erstmal die deutschen Begriffe verwendet, für diejenigen die  auf Anhieb nichts mit Wörtern wie Quest oder Item anfangen können.

Wie jetzt vermutlich auch deutlich wurde: das Buch ist vor allem etwas für die etwas nerdigen Leser (magst du Big-Bang-Theory?), für alle die gerne etwas nostalgisch sind (die Kindheit war schon super oder?) und für alle die sich gern für eine andere Zeit oder eine andere Welt (eine futuristische Welt gemischt mit den 80ern, also bitte) begeistern lassen. Wer mit Spielen so garnichts am Hut hat, nicht an eine düstere Zukunft glauben will oder schon garnicht über eine Zeit lesen will, die er nie erlebt hat, tut hier wohl einen Fehlgriff. Aber mal ehrlich: wer hätte das denn auch nicht erwartet? :D
Für meinen Teil, hat das Buch genau meinen Nerv getroffen. Ich fand das realistische Zukunftssetting klasse und die Welt der Oasis umso mehr. In der Einleitung war ich noch skeptisch bezüglich der 80er, aber Cline schafft es, diese Zeit mit einer Zukunftsvision zu verknüpfen und im Sinne von Halliday (in dem er sich meiner Meinung nach sicherlich selbst ein wenig wiedergespielget hat) diese vergangene Zeit wieder ins Leben zu rufen. Das ganze wird noch in eine sehr spannende Storyline gesteckt mit Rätseln geschmückt und schließlich noch mit vielen Überraschungen und viel Humor als Schleife verpackt. Von mir gibt es herausragende 5/5 Cupcakes mit extra Sahne und Zusatzstreuseln - uuuuuunbedingte Leseempfehlung an oben genannte Gruppe. :)

Liebe Grüße, Robin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hallo ☺ Schön dass du uns deine Meinung mitteilen möchtest, über Feedback freuen wir uns immer!
Schau bald wieder vorbei! ☺

Lauri & Robin